BGH zum nachehelichen Unterhalt bei neuer Beziehung

23.10.2011 18:36

 

 

Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 13.7.2011 (AZ: XII ZR 84/09) mit nachfolgend geschilderten Fall beschäftigt:

Geschiedene Eheleute streiten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs zum nachehelichen Unterhalt. Sie hatten sich 2004 getrennt. Die Scheidung wurde 2005 rechtskräftig. Aus der Ehe ist ein Kind hervorgegangen. Das Kind lebt bei der Ehefrau. 2006 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, worin sich der Ehemann unter anderem verpflichtete, an die Ehefrau monatlich nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Die Ehefrau ist dann kurz nach der Trennung von ihrem Mann eine neue Beziehung eingegangen. Diese Beziehung dauerte von 2004 bis November 2008. Der Ex-Mann hatte im Laufe dieser Beziehung seine Zahlungen an die Frau eingestellt. Nach der Beendigung wollte die Ex-Frau den Unterhaltsanspruch wieder aufleben lassen. Der Ehemann hingegen fordert die endgültige Einstellung seiner Unterhaltszahlung. 


Das Urteil

Der Bundesgerichtshof BGH hat sich erstmals mit dem Wiederaufleben des nachehelichen Unterhalts an den Ex-Gatten befasst. Er hat festgestellt, dass ein zuvor erloschener Unterhaltsanspruch nach Beendigung einer Beziehung im Interesse der gemeinsamen Kinder grundsätzlich wieder "aufleben" kann. Ob das dem Ehemann im konkreten Streitfall zumutbar ist, muss das Oberlandesgericht entscheiden, an das der BGH die Sache zurückverwiesen hat.

Dass ein einmal weggefallener Unterhaltsanspruch wieder aufleben kann, bedeute nicht, dass der Ehemann auf jeden Fall zahlen muss. Die Gerichte müssten im Einzelfall genau abwägen, ob das für den Unterhaltsverpflichteten zumutbar sei. Denn wenn die Ex-Frau einmal eine neue Beziehung geführt hat, entfällt in der Regel die eheliche Solidarität. Nur in den Fällen, in denen wegen der Betreuung eines Kindes Unterhalt an die Ehefrau gefordert wird (sogenannter Betreuungsunterhalt), ist die Unterhaltszahlung im Interesse der Kinder grundsätzlich zumutbar. 


Die Folgen

Wer sich nach der Scheidung in eine neue Beziehung begibt, wird sich von der Vorstellung verabschieden müssen, bei Beendigung der neuen Beziehung problemlos Unterhalt zu erhalten.

Die Entscheidung macht deutlich, dass die Unterhaltszahlung in solchen Fällen ein Ausnahmefall bleiben soll. Dieses Urteil belegt auch die allgemeine Tendenz des BGH, den nachehelichen Unterhalt insgesamt nur noch in Ausnahmefällen zu gewähren. Sicher ist nur, dass nachehelicher Unterhalt gezahlt werden muss, wenn die Ehefrau Kinder betreut, die jünger als drei Jahre alt sind.

Dennoch stellt das Urteil klar, dass ein einmal entfallener Unterhalt nicht für immer wegfallen muss. Dies gilt auch, wenn die Ehefrau eine neue gefestigte Beziehung geführt hat.

 Grundsätzlich entfällt der Unterhaltsanspruch zwar gemäß §1579 Nr.2 BGB, wenn der berechtigte Ehegatte eine sogenannte verfestigte Lebensgemeinschaft führt. Eine solche wird in der Regel angenommen, wenn der ehemalige Ehepartner mit dem neuen Partner über einen längeren Zeitraum einen gemeinsamen Haushalt führt. Auch das Erscheinungsbild der Beziehung in der Öffentlichkeit oder größere gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims legen eine verfestigte Beziehung nahe.

Muss aber nach der Beendigung der Beziehung ein gemeinsames Kind weiterhin betreut werden, kann der Ehemann verpflichtet sein, wieder Unterhalt zu zahlen. Die Gerichte müssen dabei gründlich abwägen, ob das dem Ex-Gatten zumutbar ist.

Aufseiten des Unterhaltsberechtigten, in diesem Fall der Ehefrau, müssen folgende Kriterien berücksichtigt werden: Hat sie während der Ehezeit ihre Erwerbstätigkeit aufgegeben, um den gemeinsamen Haushalt zu führen oder die gemeinsamen Kinder zu betreuen? Wie lange dauerte die Ehe insgesamt? Wie viele Kinder sind aus der Ehe hervorgegangen? Auf der anderen Seite wird berücksichtigt, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte durch eine neue Beziehung das Ende der ehelichen Solidarität bekräftigt.

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